28.01.2020 (pm): „Wenn wir nicht mit Weitblick gegensteuern, bekommen wir in spätestens fünf Jahren richtig ernste Probleme in den Finanzämtern“

PRESSE – MITTEILUNG

der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG)

Bad Soden-Salmünster, 28.01.2020

„Wenn wir nicht mit Weitblick gegensteuern, bekommen wir in spätestens fünf Jahren richtig ernste Probleme in den Finanzämtern“

 

Deutsche Steuer-Gewerkschaft Hessen nominiert heute in Bad Soden-Salmünster Kandidat*Innen für landesweite Wahlen von Hauptpersonalrat (HPR) und Bezirkspersonalrat (BPR) im Mai – Landesvorsitzender Michael Volz warnt vor weiterer Verschärfung der angespannten Personalsituation: „Bereits heute fehlen in den hessischen Finanzämtern 1.100 Beschäftigte“

Mit Blick auf 1.100 fehlende Beschäftigte in den hessischen Finanzämtern und weitere in den anderen Dienststellen des Ressorts, eine nie dagewesene Veränderungsdynamik in der Finanzverwaltung und große Herausforderungen wie Demografischer Wandel und Digitalisierung hat Michael Volz, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) Hessen, heute Vormittag im osthessischen Bad Soden-Salmünster vor Kolleg*Innen aus ganz Hessen die hohe Bedeutung engagierter gewerkschaftlicher und personalrätlicher Arbeit betont. Anlass: Der Delegiertentag zur Aufstellung der Kandidatenlisten für die Wahlen von Hauptpersonalrat (HPR) und Bezirkspersonalrat (BPR), zu denen am 12. und 13. Mai alle Mitarbeiter*Innen der hessischen Finanzämtverwaltung aufgerufen sind.

„Heute ist eine schlagkräftige Steuergewerkschaft nötiger denn je“, sagte der Landesvorsitzende zur Eröffnung des Delegiertentages und forderte vom Land Hessen unter anderem ein durchdachtes Stellenprogramm für alle drei Beamtenlaufbahnen und den Tarifbereich, um der sich abzeichnenden weiteren Verschärfung der bereits jetzt angespannten Personalsituation nachhaltig zu begegnen. „Wenn schon heute 1.100 Menschen fehlen, heißt das, es fehlen doppelt so viele Menschen wie aktuell im Finanzamt Fulda arbeiten, und etwa viermal so viele Kollegen wie im Finanzamt Gelnhausen tätig sind“, verdeutlichte Volz. Die bevorstehende Pensionierungswelle, fehlender Nachwuchs und der Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern verschärften das Problem weiter, wenn nicht mit Weitblick gegengesteuert werde. „In spätestens fünf Jahren werden wir richtig ernste Probleme in den Finanzämtern bekommen, weil die Aufgaben, etwa durch Grundsteuer-Besteuerung und Klimagesetz, zunehmen und die Zahl der Neueinstellungen nach aktuellem Stand bei weitem nicht die Zahl der Kollegen*Innen aufwiegt, die die Finanzverwaltung verlassen“, betonte er.

Eine besorgniserregende Entwicklung, vor der auch der DSTG-Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler erst jüngst wieder im Handelsblatt gewarnt hat.

Zweifellos, so Volz weiter, sei es ein erster richtiger Schritt, wenn das Land Hessen jetzt jährlich 800 Anwärter ausbildet. „Nach aktuellen Schätzungen kommen von ihnen jedoch etwa 20 bis 30 Prozent nicht in den Ämtern an, weil sie sich entweder für attraktivere Arbeitsplätze bei Bund, Kommunen oder in der freien Wirtschaft entscheiden, oder das Laufbahnziel nicht erreichen. Der Haushaltsgesetzgeber, der das grundsätzliche Personalproblem erkannt hat, sollte nachdenken, ob es nicht mehr Sinn macht, kontinuierlich über einen Zeitraum von 10 Jahren 500 Einstellungen jährlich vorzunehmen. Das würde den Auszubildenden, den Ausbildungsfinanzämtern und den Bildungsstätten helfen und nützen“, sagte der Landesvorsitzende. Deshalb fordere die DSTG Hessen im Ausbildungsbereich ein Fünf- bis Zehnjahresprogramm zur nachhaltigen Stärkung der Steuerverwaltung. Die aktuell mehr als 2.000 Anwärterstellen ließen sich in den kommenden Landeshaushalten gut über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren in durchgeschlüsselte feste Stellen für die Finanzverwaltung umwandeln. Das würde verlässliche Planbarkeit in der Personalentwicklung herstellen und für einen deutlichen Motivationsschub sorgen.

DSTG Hessen hält an Motivations- und Attraktivitätsoffensive mit Nachdruck fest.

Um die Leistungsfähigkeit der Hessischen Finanzverwaltung zu sichern, seien darüber hinaus eine angemessene Bezahlung und moderne Arbeitszeitgestaltungsmodelle unerlässlich. Die Fachgewerkschaft der Finanzverwaltung werde deshalb vom Land Hessen auch weiterhin mit Nachdruck die von ihr erarbeitete Motivations- und Attraktivitätsoffensive fordern, kündigte Volz an. Der Bund als Arbeitgeber habe die Zeichen der Zeit im öffentlichen Dienst mit seinem Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz vom 29.10.2019 erkannt und erweitere die attraktivitätssteigernden Maßnahmen, kündigte Bundesinnenminister Horst Seehofer anlässlich der dbb Jahrestagung am Heiligen-Drei-Königs-Tag an. „Da muss Hessen endlich reagieren, schließlich differieren die Gehälter extrem voneinander“, forderte der DSTG-Landesvorsitzende und machte den Handlungsbedarf an zwei Beispielen deutlich: So zahlt der Bund in der Besoldungsgruppe A 8, Stufe 4, in die beispielsweise Vollzieher eingruppiert sind, 3.021 Euro, das Land Hessen hingegen 2.837 Euro – ein monatlicher Besoldungsunterschied von 184 Euro. Noch deutlicher der Unterschied in der Besoldungsgruppe A 11, Stufe 5, in die zum Beispiel Steuerprüfer eingruppiert sind. Hier sieht die Beamtenbesoldung des Bundes 4.235 Euro vor, die des Landes Hessen aber nur 3.989 Euro – ein monatlicher Besoldungsunterschied von 246 Euro. „Da liegt es dann natürlich auf der Hand, dass sich unsere Kolleg*Innen für die ‚Task-Force Steuerbekämpfung‘ beim Bundesfinanzminister interessieren“, so Michael Volz weiter.

Die exemplarischen Forderungen der DSTG Hessen lauten deshalb konkret:

  • eine deutliche Steigerung von Personal- und Planstellen
  • ein volles 13. Monatsgehalt und ein 14. Monatsgehalt als so genannte Bleibensprämie
  • die Beseitigung der Besoldungsdefizite, insbesondere auch, die aus 2015 und 2016 in Höhe von 3,5 Prozent
  • die nachhaltige Verbesserung der Personalentwicklungsmöglichkeiten für alle drei Laufbahnen
  • die Schaffung des Spitzenamtes A13 plus Zulage für den gehobenen Dienst
  • die Einführung einer Prämie für besondere Einsatzbereitschaft und Mobilität
  • die Schaffung eines monatlichen Personalgewinnungszuschlags-/Prämie.

 

„Nur wenn es den Beschäftigten in der Finanzverwaltung gut geht, dann geht es dem Fiskus gut. Als schlagkräftige Gewerkschaft wird die DSTG Hessen auch künftig eine starke Interessensvertretung für alle Kolleg*Innen sein und sich ihrer Verantwortung für die Menschen in der Verwaltung und ein funktionierendes demokratisches Staatswesen stellen“, bekräftigte der Landesvorsitzende.

Deswegen lautet auch der Slogan der Steuergewerkschaft für die bevorstehenden Personalratswahlen am 12. und 13. Mai 2020: