24.07.2023 (pm): „Die Stimmung war noch nie so schlecht, wie heute!“

PRESSE – MITTEILUNG

der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG)

Gelnhausen, 24.07.2023

Gewerkschaftstag dbb Hessen

„Die Stimmung war noch nie so schlecht, wie heute!“ 

Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft Hessen (DSTG Hessen) fordert ein sofortiges Ende der Gängelung von Beschäftigten in hessischen Finanzbehörden. Sie legt ferner einen Aktionsplan ZUKUNFT mit sieben zentralen Forderungen für modernes Arbeiten vor, der beim 18. Landesjugendtag der DSTG Hessen am 27. und 28. Juli 2023 in Bad Soden-Salmünster diskutiert wird.

  • Strukturwandel in Finanzbehörden auf dem Rücken der Beschäftigten
  • Entscheidungen nach „Gutsherrenart“ ohne Rücksicht auf Personal
  • Personalräte und Gewerkschafter bei ehrenamtlicher Arbeit behindert
  • Immer mehr Bedienstete kehren Finanzbehörden den Rücken
  • Beruflicher Nachwuchs ist inzwischen in allen Ämtern Mangelware

In den vergangenen Jahren wurden die Arbeitsabläufe in den 33 hessischen Finanzämtern umstrukturiert. Die Interessen der mehr als 11.000 Beschäftigten blieben dabei aber häufig auf der Strecke. Strukturanpassungen und Digitalisierung sind nicht unwichtig, sie dürfen aber nicht über die Köpfe der Beschäftigten hinweg durchgepeitscht werden, kritisiert anlässlich des am 27. und 28. Juli 2023 in Bad Soden-Salmünster bevorstehenden 18. Landesjugendtages der Landesvorstand der DSTG Hessen.

Nur erstklassige Arbeitsbedingungen könnten die Beschäftigten binden und die Konkurrenzfähigkeit bei der Gewinnung von Nachwuchskräften für die Hessische Finanzverwaltung sicherstellen, so der Landesvorstand. Bezüglich der Arbeitsfähigkeit der Verwaltung sei es 5 vor 12. Wer das in der Politik und in der Spitze des Finanzministeriums nicht erkenne und schleunigst handele, riskiere permanente Steuerausfälle, da täglich Bedienstete den Finanzbehörden den Rücken kehrten und dadurch die Arbeitsfähigkeit immer stärker gefährdet sei. Der Strukturwandel und auch organisatorische Entscheidungen, die Auswirkungen auf Kolleginnen und Kollegen haben, würden in den Finanzbehörden häufig genug ohne Augenmaß und Fingerspitzengefühl umgesetzt und wer sich dagegen wehrte, werde abgestraft.

Selbst engagierte Personalräte und Gewerkschafter würden bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit massiv behindert. Vielmehr seien vielfach Entscheidungen nach „Gutsherrenart“ ohne Rücksicht auf Mitarbeitende getroffen worden. Inzwischen herrscht nach Einschätzung des Landesvorstands in den Finanzbehörden ein Klima der Angst, bei dem kaum noch jemand wage, den Mund aufzumachen, weil viele Beschäftigte bereits persönliche und berufliche Konsequenzen erleiden mussten, bei denen die DSTG rechtlichen und gewerkschaftlichen Beistand geleistet habe.

Nach den Rückmeldungen, die den Landesvorstand erreichten, war die Stimmung noch nie so schlecht, wie heute. Darüber könnten auch die aktuellen Antworten im Rahmen einer großen Anfrage im Hessischen Landtag, Drucksache 20/9704, nicht hinwegtäuschen.

Aus diesem Grund fordert der Landesvorstand der DSTG Hessen Finanzminister Boddenberg auf, die für die Umstrukturierungen maßgeblich verantwortliche Hauptabteilung in seinem Ministerium in der bestehenden Form aufzulösen und wieder zu einem kooperativen Arbeitsstil, wie in der Vergangenheit zurückzukommen. Auch frühere Führungskräfte im Ministerium seien Voll-Juristen gewesen, die nach Recht und Gesetz sowie aufgrund solider Rechtsmeinungen gehandelt hätten. Sie hätten aber nicht von oben nach unten durchregiert, wie dies im Augenblick der Fall sei, sondern kooperativ gearbeitetet. Sie hätten den Ämtern Spielräume für eigene Entscheidungen gelassen und Personalvertretungen wie auch Gewerkschaften einbezogen. Dies entspreche zeitgemäßen Entscheidungsstrukturen, stärke die Motivation der Beschäftigten und müsse im Interesse aller Beteiligter dringend wieder Grundlage der Zusammenarbeit auf allen Ebenen werden.

Aktionsplan ZUKUNFT mit sieben Forderungen

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei außerdem wichtig, weil der akute Fachkräftemangel auch vor dem öffentlichen Dienst nicht Halt mache. Einer Studie der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers aus dem Sommer 2022 zufolge, werden im öffentlichen Sektor Deutschlands bis zum Jahr 2030 mehr als eine Million Fachkräfte fehlen. Deshalb sei es höchste Zeit, geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten. Zu diesem Zweck habe die DSTG Hessen einen Sieben-Punkte- Aktionsplan erarbeitet, um durch zeitgemäße Arbeits- und Entscheidungsstrukturen Mitarbeitende zu halten und neue zu gewinnen.

Der DSTG Landesvorstand hatte wiederholt Brücken geschlagen, um in den konstruktiven Dialog mit dem Finanzminister einzutreten, leider gab es keine Reaktionen. Auch zur Vorabendveranstaltung des Landesjugendtags zum Thema „new work“ am 27. Juli 2023 mit der österreichischen Top-Referentin Lena Marie Glaser wird Minister Boddenberg trotz Einladung ebenso fernbleiben, wie seine zuständigen Führungskräfte. Es ist sehr bedauerlich, dass offenbar kein Interesse daran besteht, mit den Beschäftigten und deren Vertretung ins Gespräch zu kommen. Da ist es auch nicht verwunderlich,

dass Minister Boddenberg bei seinen Ämterbesuchen nur mit den erweiterten Leitungen der Ämter und Behörden spricht und diese vorher stets „vorgeimpft“ werden.

Der Landesvorstand hat den Aktionsplan ZUKUNFT heute den politischen Parteien und Fraktionen im Landtag als Grundlage für eine gemeinsame Diskussion mit der DSTG zur Verfügung gestellt, um über diesen Weg auf dringend notwendige Strukturverbesserungen hinzuweisen. Schon heute gibt es deutlich weniger Bewerberinnen und Bewerber als noch vor einigen Jahren. Tendenz weiter sinkend – und das bei einer stetig wachsenden Nachfrage. Hinzu kommt, dass die heutige Generation eine veränderte Einstellung zum Berufsleben hat. Für sie haben sinnstiftende Arbeit und eine ausgewogene Work-Life-Balance eine mindestens ebenso große Bedeutung wie Geld und Karriere. Das muss auch der öffentliche Sektor endlich verstehen und seine starren, verkrusteten Strukturen aufbrechen und daran anpassen, so der Landesvorstand.

Wenn wir im Wettbewerb um Arbeitskräfte bestehen möchten, müssen wir die Arbeits- und Rahmenbedingungen in der Hessischen Steuer- und Finanzverwaltung dringend rasch verbessern! Daran führt kein Weg vorbei! Und genau darauf zielt unser gewerkschaftliches Handeln mit der Erarbeitung des Aktionsplans ZUKUNFT ab. Wir waren, sind und bleiben konstruktiv in der Sache und werden uns von nichts und niemanden mundtot machen lassen, denn wir leben Demokratie!

Im Einzelnen fordert die DSTG Hessen in ihrem Aktionsplan ZUKUNFT:

  1. Erreichung stärkerer Zeitsouveränität
  1. Wettbewerbsfähigere Bezahlung
  1. Eigenverantwortung für Beschäftigte –höhere Identifikation
  1. Einbindende Führungskultur –Verbesserung des Arbeitsklimas
  1. Karrieremöglichkeiten Personalbindung und findung
  1. Anerkennungsprogramme –Wertschätzendes Miteinander
  1. Adäquate IT-Unterstützung –Hilfestellung und Entlastung

Wir laden Sie herzlich zum diesjährigen 18. Landesjugendtags der DSTG Hessen, am 27. und

28. Juli 2023 in Bad Soden Salmünster ein.

Pressekontakt: Pressekontakt: Detlef Hans Franke, 0171 / 41 42 811, detlef.franke@fup-kommunikation.de